Woran liegt es, dass Unternehmen Probleme haben, neue Mitarbeiter zu gewinnen?

Die Zeiten, in denen der „gute Name“ ausreichend war, um Personal zu gewinnen und zu halten, sind längst vorbei. Zu lange haben sich gerade die namhaften Unternehmen auf diesen Lorbeeren ausgeruht. Mitarbeiter scheiden aus Altersgründen aus, andere gehen, weil ihnen attraktivere Jobs angeboten werden. Sie hinterlassen Löcher in der Personaldecke, die nicht oder nur unzureichend gestopft werden können.

Schlechte Arbeitsbedingungen als Folge des Personalmangels

Die Zahlen müssen stimmen, die Arbeit muss gemacht werden. Der Druck auf die verbleibenden Mitarbeiter erhöht sich, weil sie die Aufgaben der fehlenden Kolleginnen und Kollegen mit übernehmen müssen. Urlaub und freie Tage werden gestrichen, Überstunden werden zur Regel. Für längst versprochene Schulungen fehlt die Zeit. Durch die Überlastung erhöht sich der Krankenstand. Weitere Mitarbeiter fehlen.

Willkommen im Teufelskreis

Der Arbeitsdruck steigt, gleichzeitig geraten weitere Faktoren, die zum Wohlbefinden der Mitarbeiter beitragen, ins Hintertreffen. Längst fällige Investitionen in die Infrastruktur werden verschoben. Die Hütte brennt, dies ist nicht die Zeit, um sich mit neuen Schreibtischen, zeitgemäßer EDV, Zuschüssen zum Essen oder Jobtickets zu beschäftigen. Bessere Bedingungen für die Mitarbeiter werden erst geschaffen, wenn sich die Personalsituation entspannt hat. Der Zahlendruck auf Führungskräfte bleibt. Sie müssen um ihren Job bangen, wenn sie die Ziele nicht erreichen. Also wird mehr Druck ausgeübt.

Die Motivation unter den Mitarbeitern sinkt. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab. Weitere Mitarbeiter verlassen das Unternehmen.

Wer wechselt freiwillig zu schlechteren Bedingungen?

Was dabei vergessen wird, ist die Tatsache, dass sich der Bewerbermarkt komplett gedreht hat. Fachkräfte sind schon lange keine Bittsteller mehr, die für einen neuen Job Schlange stehen. Auch mit Geld kann man Menschen nicht mehr dazu bringen, in ein veraltetes Arbeitsumfeld zu wechseln!

Warum also sollte jemand, der im aktuellen Job zufrieden ist, den Arbeitgeber wechseln?

Zufriedene Mitarbeiter lesen keine Stellenanzeigen

Wer in seinem Job glücklich ist, hat keinerlei Veranlassung, sich aktiv zu bewerben.
Wer unzufrieden ist, sucht nach einer Gelegenheit, dem aktuellen Arbeitgeber den Rücken zu kehren. Dabei wird nach jedem Strohhalm gegriffen, um sich endlich aus dieser Lage zu befreien. Bewerbungen werden in großer Zahl breit gestreut. Egal wohin, Hauptsache weg. Aber möchte ein Unternehmen ernsthaft jemanden einstellen, der oder die sich nicht proaktiv FÜR diesen Arbeitgeber entscheidet? Meist wird sich innerhalb der Probezeit wieder eine Unzufriedenheit einstellen und das neue Arbeitsverhältnis ist nicht von Erfolg gekrönt.

Active Sourcing

Es bleibt also die Lösung, die zufriedenen Menschen direkt anzusprechen. Meist gelingt dies mit einer Personalberatung deutlich diskreter, als wenn ein Unternehmen mit eigenen Recruitern bei der Konkurrenz „fischt“.

Der neue Job auf dem Silbertablett

Als Personalberaterin muss ich den potenziellen Mitarbeitern also wirklich etwas bieten. Quasi auf dem Silbertablett wird die zu besetzende Stelle angeboten. Gut dekoriert und gesund für den weiteren Lebensweg. Einzigartig. Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Was, wenn ich auf diesem Silbertablett weniger Urlaub, eine schlechtere Bezahlung und insgesamt ungünstigere Arbeitsbedingungen anbiete? Die Antwort kann sich jeder selbst geben.

Mitarbeiterbindung

Um aus dem Teufelskreis Personalmangel auszubrechen, genügt es nicht, Stellenanzeigen zu schalten. Das Unternehmen sollte sich mit der Frage befassen, warum Mitarbeiter gehen. Diese Gründe müssen ernst genommen werden. Um Mitarbeiter auch in schweren Zeiten zu halten, gibt es viele Stellschrauben. Wichtig ist, über den Tellerrand zu blicken. Geht nicht, gibt es nicht. Jetzt sind kurzfristig Lösungen gefragt. Wie könnte ein attraktiveres Arbeitszeitmodell trotz Personalmangels umgesetzt werden? Welche Maßnahmen könnten sich positiv auf die Stimmung auswirken? Wie geht es den einzelnen Personen, die „den Laden am Laufen halten“?

Externe Unterstützung

Eine Teamanalyse mit einem geeigneten Tool kann viel Zeit sparen und schnell Klarheit geben. Wo liegen die Stärken des Teams, wo die Herausforderungen? Wie können Talente und Neigungen der einzelnen Personen besser genutzt werden? Können Aufgaben anders verteilt werden und so für mehr Zufriedenheit und Effizienz sorgen? Welche Zugeständnisse oder Änderungen könnten eine große Erleichterung für eine Einzelperson sein? Welche Prozesse könnten zu Gunsten der Arbeitsbedingungen optimiert werden? Der geschulte Blick von außen kann oft Wunder bewirken!

Employer Branding

Ein Unternehmen wird nicht darum herumkommen, sich über die eigene Arbeitgebermarke Gedanken zu machen. Schlechte Bewertungen auf Portalen wie kununu oder Glassdoor sollten ernst genommen werden. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Autorin: Susanne Theune
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